Die Große Halle

Ben zuckte mit den Schultern. "Mal so, mal so. Vom Wesen her entspreche ich total meinem Dad, aber er war ziemlich geschockt als ich plötzlich als Wolf durch die Gegend gerannt bin. Er hat das immer noch nicht so ganz verkraftet und ist etwas distanziert, wäre auch unfair etwas anderes zu erwarten, wenn er bis zu seinem 20. Lebensjahr nicht mal in die Nähe von Magie gekommen ist. Er lebt derzeit in Seattle. Meine Mum..." Ben musste schmunzeln. "Sie ist ein kleiner Wirbelwind, das genaue Gegenteil von mir. Dass sie ihren Bürojob im Ministerium aushält ist ein wahres Wunder." Ben trank einen Schluck seine Kaffees und wunderte sich, was er da für einen Monolog vorgetragen hatte, das war eigentlich total ungewöhnlich für ihn.

Veronica schmunzelte, es gefiel ihr, wie er so von seiner Familie erzählte. Sie würde seine Eltern gerne maal treffen, das wäre mit Sicherheit interessant. Und wahrscheinlich auch entspannter als ein Treffen mit ihren eigenen Eltern.

"Und wie sind deine Eltern so?" Ben schaute Ver interessiert an. Luke spielte ja immer auf ihre südamerikanische Herkunft an, daher war er gespannt, von wem sie ihr Temperament geerbt hatte.

"Beschäftigt." Allein bei dem Gedanken daran verrollte Veronica die Augen. "Sie arbeiten beide im Ministerium. Immer. Man könnte fast meinen, dass sie dort leben und nur ab und zu zum Übernachten in der Wohnung sind. Mein Dad ist zwar im Gegensatz zu meiner Mutter eher ruhig, kann aber manchmal auch recht ungehalten sein. Meine Mum kommt aus Kolumbien, von ihr habe ich also mein Aussehen und mein Temperament. Wenn ich mit ihr aneinander getrate fliegen auch schonmal Teller oder Vasen. Man könnte also sagen, ich habe nicht unbedingt das beste Verhältnis zu meinen Eltern." Wobei das fast noch untertrieben war. Man brauchte schon mehr als eine Hand um abzuzählen, wie viele neue Tellersets sie schon besorgen mussten. Sobald ihre Eltern während eines Streits nicht auf die arbeit flüchten konnten, flogen Gegenstände.

Ben hob die Augenbrauen, verkniff sich jedoch ein Kommentar. "War mir irgendwie klar, dass du das von deiner Mutter hast." Er lächelte leicht

"So? Und warum?", fragte Veronica interessiert und aß den kleinen Rest Toast, den die Jungs ihr übrig gelassen hatten.

Ben zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, das konnte ich mir besser vorstellen."

"Na dann." Wahrscheinlich habe ich mit meiner Erzählung seine Vorstellung ein biiisschen durcheinander gebracht., dachte Veronica sich. Aber wer stellte sich auch schon die Familie von anderen so vor?

"Hast du Geschwister?" Neugierig musterte er sie und legte seine Hand mit der Innenseite nach oben zwischen seinen und Vers Oberschenkel. Wenn sie wollte, konnte sie jetzt den ersten Schritt machen.

"Nein, Geschwister habe ich keine, meine Eltern waren mit einem Kind ja schon überfordert. Dafür habe ich viele Cousinen und Cousins, und obwohl die meisten von ihnen weiter weg wohnen ist das für mich ziemlich das Gleiche. Was ist mit dir, hast du Geschwister?" Es war schön, sich mal so mit Ben zu unterhalten und solche 'banalen' Dinge zu erfahren.
Als Veronica seine Hand zwischen ihnen bemerkte, berührte sie diese erst zaghaft mit den Fingerspitzen, bevor sie dann ganz nach ihr griff und ihre Finger miteinander verschränkte.

"Nein, ich bin auch Einzelkind. Und ich habe nur Cousins. Du hast das Bild ja gesehen." Ben lächelte leicht, als sie ihre Finger mit seinen verschränkte.

Veronica erinnerte sich an das Bild und grinste.
"Aah, ja, das Bild mit den schicken Jungs in den schicken Anzügen." Lächelnd schaute sie auf ihre Hände hinunter, das schien doch schonmal besser geworden zu sein. Sie hatte zwar immernoch irgendwie den Drang, die Hand wieder wegzuziehen, aber sie hatte es unter Kontrolle und es war schon viel besser als zuvor.

Ben musste bei dieser Umschreibung seiner Verwandtschaft lachen. "Wenn du sie so bezeichnen willst, ich richte das Kompliment gerne aus."

"Ja, das kannst du gerne machen, da freuen sie sich sicher, was?", meinte Veronica und lachte ebenfalls. Nach kurzem Überlegen legte sie ihren Kopf auf Bens Schulter. Sie wollte diese Berührungs-Geschichte um jeden Preis so schnell wie möglich hinbekommen.

"Hm, lieber nicht, sonst sind sie so sehr von sich selbst überzeugt, dass sie wieder jedem auf die Nerven gehen." Ben lachte erneut und stockte kurz, als Ver sich an seine Schulter lehnte. Das überraschte ihn jetzt wirklich, aber Ver war einfach.. unberechenbar. Kurz drückte er ihre Hand, dann lächelte er sie zuversichtlich an.

"Ach was, so schlimm können sie doch nicht sein." Veronica versuchte, sich Bens Cousins vorzustellen, ihre Persönlichkeiten, aber so richtig gelang ihr das nicht. Wobei sie sich sicher war, dass sie alle nette Jungs waren, schließlich waren sie ja mit ihm verwandt. Als Ben kurz ihre Hand drückte schaute sie zu ihm hoch und konnte kurz den Ausdruck der Überraschung auf seinem Gesicht sehen. Dann lächelte er und sie erwiederte sein Lächeln.

"Schlimm sind sie auch nicht, nur.." Ben musste grinsen. "... haben sie alle ein riesen Ego. Und eine große Klappe, sie scherzen immer, dass ich wohl adoptiert bin." Wie sie ihn so anlächelte... Ben musste sich zusammenreißen, um ihre Abhärtung nicht zu radikalisieren.

"Naja, klingt aber, als würde es auf Familienfeiern nie langweilig werden, was?" Ein Tag auf einer Feier mit Bens Familie wäre sicher ein riesen Spaß. "Man sollte sie mal mit meinen Cousinen in einen Raum setzen, die sind nämlich ganz ähnlich, was die große Klappe und die Scherze betrifft."

Ben seufzte. "Nein, es ist wirklich nie langweilig mit diesen Verrückten." Als Ver ihre Cousinen erwähnte, musste er lachen. "Willst du unsere Familien etwa verkuppeln?"

"Ich glaube nicht, dass es gut enden würde, wenn so viele Egos aufeinanderprallen." Bei der Vorstellung musste auch Veronica lachen. "Aber lustig wäre es mit Sicherheit."

"Da hast du wohl Recht, das Gebäude, in dem sie sich getroffen hätte, würde danach garantiert nicht mehr stehen." Ben lachte erneut. Gleichzeitig fragte er sich, wann er das letzte Mal so oft gelacht hatte. Garantiert war es auch in Vers und Lukes Anwesenheit gewesen, doch wann genau... das wusste er nicht mehr.

Veronica seufzte zufrieden. "Das ist schön. Lachen, meine ich. So richtig, ehrlich lachen." Es war schon ein bisschen her, dass sie so ausgelassen gelacht hatte und es auch wirklich so meinte. "Danke", flüsterte sie Ben leise zu.

"Wofür bedankst du dich denn?", antwortete Ben ebenso leise. "Dafür, dass ich in der Nähe dieser wundervollen Frau sein darf?" Er wurde etwas rot.

"Für Alles", antwortete Veronica. "Dafür, dass du mich aushälst. Mich zum lachen bringst. Einfach.. da bist." Als Ben sie 'wundervoll' nannte, wurde auch sie rot um die Nase.

"Für dich immer.", sagte Ben leise und schaute jede Richtung, nur nicht in ihre. Gott, über Gefühle reden lag ihm ja gar nicht!